Interview mit Hermann J. Merkens
Wir haben unsere Unternehmensgruppe leistungsfähiger, aber auch robuster aufgestellt.
Herr Merkens, Sie haben im Januar 2020 mit „Aareal Next Level“ die strategischen Weichen für die Weiterentwicklung der Aareal Bank Gruppe in den kommenden Jahren gestellt – und schon wenige Wochen später hat das Corona-Virus die Lage an den Märkten völlig auf den Kopf gestellt. Was bedeutet die Pandemie für die Aareal Bank Gruppe und ihre Zukunftspläne?
Es wird sich erst über die kommenden Monate zeigen, wie gravierend die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sein werden – und welchen Einfluss sie auf unser Unternehmen haben könnten. Eines ist aber heute schon klar: Sollte die Krise und insbesondere das Beibehalten der notwendigen Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens und der wirtschaftlichen Aktivität längerfristig andauern, werden die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen massiv sein, und das weltweit.
Was wir allerdings auch wissen: Die Aareal Bank Gruppe ist in einer sehr robusten Verfassung und verfügt daher über eine gute Ausgangsposition, um auch dieser Herausforderung zu begegnen. Dies vor allem deshalb, weil wir unsere Unternehmensgruppe mit der erfolgreichen Umsetzung unseres Programms „Aareal 2020“ über die vergangenen Jahre leistungsfähiger, aber eben auch robuster als zuvor aufgestellt haben.
Und nicht zuletzt konnten wir im vergangenen Jahr Risikopositionen, gerade in Italien, drastisch abbauen und unser NPL-Portfolio deutlich reduzieren. Dies war ein wichtiger Schritt, um unsere Krisenfestigkeit und Resilienz zu stärken – aus heutiger Sicht kann man sagen: genau zum richtigen Zeitpunkt.
Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf Ihre grundsätzlichen strategischen Überlegungen mit Blick auf die Weiterentwicklung der Aareal Bank Gruppe in den kommenden Jahren?
Die Corona-Krise ist ein massiver exogener Schock, den die Welt auch wieder überwinden wird – hoffentlich eher früher als später. Die fundamentalen, langfristigen Trends, die wir für unsere Geschäfte identifiziert haben und auf die wir uns bereits seit etlichen Jahren einstellen, bleiben davon unberührt – ebenso wie die strategischen Schlussfolgerungen, die wir daraus für uns gezogen haben.
Sie haben das in diesem Jahr auslaufende Zukunftsprogramm „Aareal 2020“ bereits angesprochen. Was waren die wesentlichen Fortschritte, die Sie damit erreicht haben?
Wir haben mit „Aareal 2020“ im Segment Strukturierte Immobilienfinanzierungen unsere Flexibilität in Bezug auf Regionen, Asset-Klassen, Strukturen und Exit-Kanäle substanziell erhöht. Gleichzeitig haben wir mit der Beteiligung an Mount Street den Ausbau unseres Geschäfts entlang der Wertschöpfungskette vorangetrieben. Unser Segment Consulting/Dienstleistungen haben wir derweil klar auf Wachstum ausgerichtet – sowohl in der Bank als auch insbesondere bei unserer Software-Tochter Aareon. Deren internationales Geschäft haben wir in den vergangenen Jahren im Zuge von „Aareal 2020“ deutlich gestärkt, auch durch Zukäufe.
Wir haben darüber hinaus die Grundlage für den verstärkten Ausbau des digitalen Geschäfts geschaffen, über die beiden Segmente der Gruppe hinweg. Und nicht zuletzt haben wir unsere Innovationskraft gestärkt und die Effizienz von Strukturen und Prozessen deutlich verbessert.
Auf all dem können wir aufbauen, wenn wir jetzt in die nächste Phase unserer Entwicklung eintreten.
Was sind die Kernelemente von „Aareal Next Level“, worauf zielen Sie damit?
„Aareal Next Level“ ist das Leitmotiv, unter dem wir in den kommenden Jahren das geschäftliche Potenzial unseres Unternehmens voll entfalten wollen, nachdem wir mit „Aareal 2020“ dafür die Basis geschaffen haben.
Es geht nicht darum, uns ein weiteres Mal neu zu erfinden. Die grundsätzliche strategische Ausrichtung hat weiterhin Bestand – mit großvolumigen, internationalen gewerblichen Immobilienfinanzierungen auf der einen Seite und unserem Geschäft mit der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Europa und angrenzenden Industrien auf der anderen Seite.
Mit Aareal Next Level werden wir nun die einzelnen geschäftlichen Aktivitäten gezielt weiterentwickeln, um ihr jeweiliges eigenständiges Profil zu stärken, das Wachstum der Gruppe insgesamt zu beschleunigen.
Was heißt das konkret?
Es geht um eine evolutionäre Weiterentwicklung auf Basis des bisher Erreichten. Die strategischen Überzeugungen, die uns bei „Aareal 2020“ geleitet haben, sind nach wie vor tragfähig. Gleichwohl gibt es Ansatzpunkte, um strategisch nachzuschärfen.
Im Segment Strukturierte Immobilienfinanzierungen, dem Rückgrat der Gruppe, werden wir unter dem Motto „Activate!“ den Erfolg der vergangenen Jahre und die „Best in class“-Position auch in einem adversen Umfeld absichern. Dies vor allem durch die systematische Nutzung der erarbeiteten Flexibilität, die weitere Expansion entlang der Wertschöpfungskette und eine weiter gesteigerte Effizienz.
Im Segment Consulting/Dienstleistungen haben wir unterschiedliche Stoßrichtungen für die beiden dort bisher zusammengefassten Aktivitäten identifiziert – und werden Bankgeschäft und Aareon in der Segmentberichterstattung aus Transparenzgründen künftig auch getrennt darstellen. Die heute noch vorhandenen, vielfältigen Überlappungen und Interdependenzen zwischen beiden werden wir nun sukzessive verringern und im Gegenzug die Eigenständigkeit der jeweiligen Marken und Geschäftsmodelle stärken – bei gleichzeitiger Absicherung der Synergien.
Konkret bedeutet das für die Aareal Bank als führendem Anbieter von Zahlungsverkehrsdienstleistungen für die deutsche Wohnungswirtschaft unter dem Motto „Elevate!“ eine Neupositionierung: zusätzlich zum Fokus auf das Einlagengeschäft eine Entwicklung hin zum Anbieter von weiteren, innovativen Produkten und Dienstleistungen – inklusive einer Expansion in neue angrenzende Märkte, in denen spezifisches Zahlungsverkehrs-Know-how gefragt ist.
Die Aareon wiederum soll ihr Wachstumstempo deutlich erhöhen („Accelerate!“) und als eigenständig am Markt positioniertes Software-Unternehmen eine starke, von der Mutter unabhängige Wertperspektive entwickeln. Dafür wird sie ihr 2019 vorgestelltes Programm konsequent umsetzen. Es soll mittelfristig eine Ergebnisverdopplung bringen, vor allem durch den weiteren Ausbau des digitalen Geschäfts. Zusätzliches Wachstum soll durch M&A-Aktivitäten erreicht werden.
Was wollen Sie insgesamt mit „Aareal Next Level“ erreichen?
„Die „Aareal Next Level“-Initiativen werden es mittelfristig – unter der Voraussetzung eines wieder positiveren Umfelds – ermöglichen, eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von rund 12 Prozent zu erwirtschaften.
Die strategischen Leitplanken sind gesetzt, die Ambitionen formuliert. Nun gilt es, „Aareal Next Level“ weiter zu konkretisieren und die evolutionäre strategische Weiterentwicklung der Aareal Bank Gruppe mit Mut und Elan voranzutreiben – auch wenn das mit der Corona-Krise vor Augen nicht leicht ist.
Dabei sind uns zwei Dinge bewusst: Erstens werden wir nur dann dauerhaft Erfolg haben, wenn wir Erfolge für unsere Kunden schaffen. Zweitens müssen wir angesichts der Volatilität des Umfelds immer wieder bereit sein, uns anzupassen – und auch ganz neue Wege zu gehen, wenn die Umstände es erfordern.
Gelingt es uns, dem Leitmotiv „Aareal Next Level“ folgend, in den kommenden Jahren die vorhandenen Potenziale Schritt für Schritt zu realisieren, dann werden wir auch in einem sich weiter verschärfenden Umfeld Wert schaffen – nicht nur für unsere Aktionäre, sondern auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für unsere Kunden und für die Gesellschaft. Dann werden wir die Erfolgsgeschichte der Aareal Bank Gruppe mittel- bis langfristig fortschreiben können – auch über das Jubiläumsjahr 2023 hinaus, in dem unser Haus 100 Jahre alt wird.
Das Interview wurde am 23.03.2020 geführt.
Weitere Informationen zu unserer Strategie finden sie hier.